NICHTS! GESCHENKT!

Man kann sich gegenseitig versprechen, dass man sich nichts schenkt. Aber man sollte sich davor hüten, findet zumindest unser Kolumnist Martin Trockner.

Die Vorspiegelung falscher Tatsachen ist essenziell für eine Beziehung. Zumindest für eine, in der regelmäßig abends Essen auf dem Tisch stehen soll und in der auf freiwilliger Basis der Geschlechtsakt - ebenfalls mehr oder weniger regelmäßig - vollzogen wird.

Jeder, der schon einmal von seiner Freundin gefragt wurde, ob er sie zu dick finde, weiß, wovon ich rede. Das funktioniert auch umgekehrt: Keine Frau  findet einen Bierbauch kuschelig. Aber „kuschelig“ ist nun mal einfach die bessere Wortwahl, als den anderen ein fettes Schwein zu nennen. Doch dies sind nur die Lügen des Alltags, die man genauso braucht, wie man der GEZ erzählt, dass man gar keinen TV-Anschluss hat, obwohl im Hintergrund ein 60-Zoll-Plasma steht.

Die hohe Kunst jedoch  findet immer dann statt, wenn eines der folgenden Ereignisse naht: Weihnachten, Valentins- und Jahrestag. Sobald eine dieser Festlichkeiten ansteht, wächst der Lügenanteil im Gehirn einer Frau auf Walter-Ulbricht-Niveau und lässt sie folgenden Satz sagen: „Schatz, aber dieses Jahr schenken wir uns nichts.“

Dieses „Nichts“ ist natürlich nicht „Nichts“. Denn wenn du tatsächlich mit „Nichts“ vor deiner Freundin stehst, wird auch genau das von deinem Sexleben übrigbleiben. Sollte also deine Freundin dir einen geschenkefreien Jubeltag vorschlagen, machst du dich am besten schon auf den Weg, um ein Präsent zu besorgen. Denn du kannst dir sicher sein, dass auch sie nicht „Nichts“ hat, sondern dein Weihnachtsgeschenk bereits vergangenes Ostern klargemacht hat.

Das Ganze ist eine Art Rollenspiel. Die Rolle, die deine Freundin dabei spielt, ist jene der besorgten Frau, die befürchtet, du könntest (wahrscheinlich wegen deines exzessiven Alkoholkonsums) vergessen haben, ihr ein Geschenk zu besorgen. Also spielt sie die Unschuld von Lande und erinnert dich mit dem „Schenk-mir-nichts“-Satz daran, dass du ihr etwas schenken sollst. Etwas Tolles und nicht wieder einen Diddl-Kalender wie im vergangenen Jahr.

Gleichzeitig bietet der Satz auch eine Art Schutzfunktion für deine Freundin. Will heißen: Sie hat keine Idee, was sie dir schenken soll und hat dir deshalbSocken gekauft. Weil Socken besser sind als Nichts. Den Satz „Aber Schatz, wir wollten uns doch nichts schenken“, hörst du beim Auspacken trotzdem noch mal. Und zwar dann, wenn du feststellst, dass du Strümpfe kriegst - und sie Brillantohrringe.