Mike, in "Milliarden Mike - Ich hab sie alle abgezockt" hast du - weil du weder schreiben noch lesen gelernt hast - Tim Gutke deine Lebensgeschichte auf 255 Seiten niederschreiben lassen. Wie läuft denn dein Buch so?
Mike Wappler:
Ziemlich anständig. Es gibt offensichtlich ein paar gute Seelen da draußen, die sich für ein aufregendes Leben zwischen Knast, unglaublichen Geschichten und einen Haufen Moneten interessieren. Wir gehen - wenn alles weiter gut läuft - bald in die zweite Auflage.
In deiner ganzen Hochstapler-Karriere, sagst du, hast du "immer nur von den Menschen genommen, die gierig waren. Die Reichen und die Superreichen." War das ein fester Codex oder nur auch nur eine Art "Robin-Hood-Gier"?
Mike Wappler:
Um Robin Hood zu sein, hätte ich es den Armen geben müssen, tat ich ja auch nicht. Es hat sich irgendwie so ergeben. Ich bin ja nie losgezogen und habe gesagt: Jetzt nur die Reichen. Es lebe Robin Hood, es lebe Mike Wappler. Es sind eben die, die mit Geld leichtfertig umgehen. Außerdem sind es die Reichen, die unmengen von Schwarzgeld unter dem Kopfkissen haben. Der alten Oma das Ersparte für eine Heizdecke aus dem Kreuz zu leiern ist ja auch echt armselig und bring langfristig auch kein richtiges Geld.
"Das Gefängnis", so sagst du auch, "macht aus Ganoven keine besseren Menschen, nur besser organisierte Ganoven." Was würdest du als Gefängnisdirektor denn anders machen?
Mike Wappler:
Es liegt am Staat, nicht am Direktor. Man muss den Vollzugsbeamten einen ordentlichen Lohn zahlen, damit fängt es an. Ich hab im Knast so ziemlich alles über die Wärter besorgen lassen. Wenn jemand 1600 Euro am Monatsende in der Lohntüte hat, besorgt er dir für das richtige Geld alles, was du brauchst. Drogen. Waffen. Alkohol. Telefone. Egal was. Ich bin eh der Meinung, dass der Staat nicht an einer Resozialisierung interessiert ist. Damit es die Guten geben kann, braucht es eben auch immer die Schlechten.
Mit acht Jahren hast du das letzte Mal eine Schule von innen gesehen. Wie wichtig ist Bildung als Mittel gegen Kriminalität in deinen Augen?
Mike Wappler:
Das kann ich nicht beurteilen, dafür war ich zu kurz in der Schule. Es ist gut möglich, dass aus mir ein anderer Typ geworden wäre, als ich heute bin. Aber dieses Gedankenspiel führt ins Leere. Aber: Ich bin durchaus der Meinung, dass Bildung mündige Bürger schafft. Aber wer ist wirklich an mündigen Bürgern interessiert?
Du sagst: "Geschichten, die zu schön klingen, um wahr zu sein, sind meist Lügen." Eigentlich ist das doch sehr einfach als Mittel gegen Kriminalität. Was ist es also neben der Gier, dass die Menschen immer wieder auf den Holzweg führt?
Mike Wappler:
Der Glaube an eine einmalige Chance. So etwas kennt jeder von uns. Sommerschlussverkauf. Winterschlussverkauf. Gebrauchtwagen. Oder der heiße Feger in der Stammkneipe, der sicher nicht mehr wiederkommt. Wir schaffen uns doch ständig Dinge an, in dem Glauben, sonst eine einmalige Chance zu verpassen. Und das habe ich ausgenutzt und die Geschichten der einmaligen Chance mal tausend multipliziert.
Trailer für sein Buch:
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Mit 46 Jahren warst du vier Mal verheiratet, vier Mal geschieden, hattest vier Kinder gezeugt und warst kurz vor der Sicherheitsverwahrung, die dann aber zur Bewährung ausgesetzt wurde, weil ein psychologisches Gutachten für dich sprach. Was wäre gewesen, wenn das nicht geklappt hätte? Welche Bedeutung hat das Instrument der Sicherheitsverwahrung für dich?
Mike Wappler:
Das ist der Tod auf Zeit. Schlimm. Ein Staat kann dich völlig willkürlich einsitzen lassen, obwohl du noch keine Straftat begangen hast. Ein Sonderopfer an der Gesellschaft. Na dann, schönen Dank. Ich habe niemanden überfallen. Ich bin Hochstapler, ein Geschichtenerzähler. Da muss man sich schon die Frage stellen, wie viel Wert Geld in unserer Gesellschaft hat. Ich habe jede Stunde im Knast hingenommen, weil es die Strafe für meine Tate war. Aber prophylaktisch einsitzen?
Wie stehst du heute zu deiner kriminellen Vergangenheit und welchen Tipp hast du für Jugendliche, die in das kriminelle Milieu abrutschen?
Mike Wappler:
Jeder muss das Beste aus seinen Möglichkeiten machen. Was soll man einem Jungen raten, dessen Vater ihn ständig besoffen verprügelt, der in der Schule nicht mitkommt und mit der Aussicht leben muss, nie einen anständigen Job zu kriegen? Das Problem ist nicht die Jugend, sondern die Perspektivlosigkeit. Und an vielen Stellen wird der Jugend vorgemacht, dass man sich auch ordentlich durchs Leben schummeln kann. Christian Wulff, zu Guttenberg und Uli Hoeneß sind ganz aktuelle Beispiele.
Wie sieht dein aktueller Tagesablauf eigentlich so aus?
Mike Wappler:
Ich mach mir Gedanken, wie ich Geld ausgeben und investieren kann. Ich bin Geschäftsmann.
Was sind deine Pläne für die nahe Zukunft?
Mike Wappler:
Ich will mehr Zeit mit meinen Kindern verbringen, ein guter Vater und Opa sein. Ich habe ein paar Dinge am laufen ... aber ich wäre ein schlechter Geschäftsmann, würde ich sie nun hier verraten.
Tim Gutke, Mike Wappler
Milliarden-Mike
256 Seiten, Paperback
EUR 9,99 [D] / 14,90 sFr.
ISBN 978-3-8321-6200-9