Grossväterland: Opa mit Maschinengewehr?

Die Autoren Markus Freise und Dr. phil. Christian Hardinghaus haben eineinhalb Jahre lang recherchiert und deutsche Veteranen befragt, die in Stalingrad, am D-Day oder an der Heimatfront gekämpft haben.

Die eindringlichen Augenzeugenberichte dieser wenigen noch lebenden Zeitzeugen sind nun in einer der sehenswerten 80-seitigen Graphic Novel Großväterland erzählt, die soeben beim Panini Verlag erschienen ist.

Opa mit Maschinengewehr? Oma inmitten von qualmenden Trümmern? Für die heutige Generation sind diese Bilder nur schwer vorstellbar und noch weniger begreifbar. Das wollten der Bielefelder Illustrator Markus Freise und der Osnabrücker Historiker und Autor Christian Hardinghaus ändern. Über eine Crowdfunding-Kampagne sammelten sie Ende 2014 über 16.000 Euro und konnten so ein ganz besonderes Projekt angehen: Großväterland.

Christian Hardinghaus machte Zeitzeugen in ganz Deutschland ausfindig und befragte sie zu ihren traumatischen Erfahrungen im schlimmsten Krieg aller Zeiten. Markus Freise zeichnete diese Erlebnisse dann akribisch und so detailgetreu wie möglich in kurzen Comic-Episoden nach, die schließlich das Gerüst für den Band ergaben.

„Unsere Protagonisten sind heute fast alle zwischen 90 und 100 Jahren alt“, sagt Hardinghaus, der die Zeitzeugengeschichten im historischen Kontext untersucht und ergänzende, anschauliche Sachtexte zu den jeweiligen Comic-Kapiteln geschrieben hat. „Wenn ich eins aus den Gesprächen gelernt habe, ist es, dass alle Interviewten nur mit ganz viel Glück am Leben geblieben sind“, erklärt er. So überlebte Otto, dessen Geschichte den Band eröffnet, zum Beispiel den Bromberger Blutsonntag, kurz nach Ausbruch des Krieges in Polen; Hans-Werner flog waghalsige Torpedo-Manöver im Nordmeer und Fritz harrte in der Schlacht im Hürtgenwald aus. Auch Frauen kommen in Großväterland zu Wort. Gisela hörte die ersten Schüsse des Krieges in Danzig und Marta überlebte acht Großangriffe der Alliierten auf deutsche Städte. Für die Umsetzung der Geschichten haben die Macher bewusst versucht, den Sprachduktus der Protagonisten beizubehalten.

„Die Episoden fesseln“, sagt Freise. „Die Geschichte des Zweiten Weltkrieges ist weit mehr als das, was weitläufig aus dem TV bekannt ist. Uns war es wichtig, den alten Menschen, die so viel Leid ertragen mussten, am Ende ihres Lebens ein Sprachrohr zu geben.“ Hardinghaus, dessen Dissertation sich ebenfalls mit dem Zweiten Weltkrieg auseinandersetzt, weiß um die Brisanz des Themas: „Die Zeitzeugen haben oft aus Angst geschwiegen, und ihre Kinder und Enkel haben aus Scham nicht gefragt. Zu schwer lasten noch heute die Verbrechen der Nationalsozialisten über allem. Da blieb wenig Zeit, sich über das alltägliche Grauen an den Kriegsfronten auszutauschen. Dabei können wir gerade heute aus den Erfahrungen unserer Vorfahren lernen. Uns allen sollte bewusst sein, was Krieg wirklich bedeutet.“

LIKE-Online.de meint: Grossväterland ist ein tolles Comicprojekt und ein guter X-mas-Tipp!