Von der Rezensionswebsite Rotten Tomatoes immer noch mit einer 100% positiven Bewertung ausgezeichnet, wurde die Erstausstrahlung in einer der größten Serienpremieren in der Geschichte des amerikanischen Kabelfernsehens von 6,9 Millionen Zuschauer gesehen und in sieben Kategorien – darunter „Herausragende Dramaserie“, „Hauptdarsteller in einer Dramaserie“ (Bob Odenkirk), „Nebendarsteller in einer Dramaserie“ (Jonathan Banks) und „Drehbuch für eine Dramaserie“ (Gordon Smith) – für den Emmy nominiert. Better call Saul wurde außerdem mit zwei Nominierungen in der Kategorie „Schnitt für eine Dramaserie“ (Single Camera) und eine in der Kategorie Tonmischung ausgezeichnet. Mehr als genug Vorschusslorbeeren also. Die Kernfrage aber ist: Ist dieser Erfolg nur eine Ableitung des Breaking Bad Erfolges oder kann die Serie auch für sich allein bestehen?
In der bekannten gottverdammten Gegend von Albuquerque sehen wir einen erfolglosen Anwalt Saul Goodman (Bob Odenkirk), der sich mit Pflichtverteidigungen nur knapp über Wasser hält. Bis er der Verteidiger von Walter White wird, werden noch sechs Jahre vergehen.
Die Idee zur Serie war ursprünglich nichts weiter als ein Running-Gag unter den Breaking Bad-Autoren. Gemeinsam scherzte man so lange über eine eigene Serie für Saul Goodman, dass am Ende alle überzeugt waren: Better Call Saul muss gedreht werden. Herausgekommen ist mehr als ein Prequel zu Breaking Bad: Better call Saul ist das Seelenbild eines zerissenen US-Anwalts, der beide Seiten der Gerechtigskeitsmedaillie sehr gut kennt.
Auf der einen Seite werden durch Rückblenden die jugendlichen, kriminellen Abzocktricks von Goodman beschrieben, auf der anderen Seite erkennt der Zuschauer immer wieder ein "Gerechtigkeitsgen" bei Saul, durch das er unter anderem viel (schwarzes) Geld verliert.
Dabei fährt Better call Saul - wenn denn dieses Bild aus der Autowelt erlaubt sei - maximal im zweiten Gang. Ruhige, lange Kamera-Einstellungen und Szenen sind nicht die Ausnahme, sondern die Regel in der Serie. Sie bringen die Zerissenheit und die Tristesse des Wüstenortes und des gesamten Lebens von Goodman hervorragend rüber, werden ausgewachsene Action-Fans von Breaking Bad vielleicht aber eher abschrecken. Egal, Saul ist eben nicht "Heisenberg", er ist (noch) eine kleine unbedeutende Anwaltsexistenz, die man begleiten darf. Und dieser visuelle Spaziergang macht richtig Spaß. Er ist eine glasklare Empfehlung für dunkle Herbst- und Winterabende.