Die DVD-Hüllen der Erwachsenenabteilungen schreien "Nimm mich, bevor ich neunzehn werde", und in den berühmtesten Weichzeichnern der Pornogeschichte, "Bilitis" und "ZärtlicheCousinen", spielen gerade dem Playmobilalter entwachsene Maidenversonnen lächelnd im Morgentauan ihren knospenden Hühnerbrüstchen, ganz zu schweigen vom Brüll- und Kreischsender VIVA, wo die Luderliga, kaum aus den Windeln raus, die heißen Haxen schwingt wie routinierte Vorstadtprostituierte.
Teenies, so möchte man gern glauben, haben den schärfsten, geilsten, heißesten Sex auf diesem Erdball, immer knackig und dauerrattig. Außerdem haben sie neben der Schule zu viel Zeit, die man gut mit gegenseitigem feuchten Gefummel verbringen kann, da man sich in dem Alter eh wenig zu sagen hat. Der Genitalrausch lässt ihnen ja keine andere Wahl, als endlich alle Stellungen des Kamasutra auszuprobieren. Aber bitte: Die Wirklichkeit, die sah anders aus. Ständig durchblutete "Geschlechtsteile" zu haben wie eine Pavianherde, ohne zu wissen, wie man sie wirklich spaßbringend einsetzt, war doch ein einziger Krampf.
Ich erinnere mich da an diverse Kussspielchen mit einer drehenden Flasche, bei der man hektisches Geschlabber über sicher gehen lassen musste, weil Jungs in dem Alter küssen wie ein Hund namens Beethoven. Von den verhedderten Zahnspangen oder den aufbrechenden Riesenpickeln auf rotkratrigen Nasen will ich jetzt gar nicht reden. Und dann diese Missverständnisse! In einer Zeitschrift stand zum Beispiel, Männer mit einem kleinen Penis bräuchten sich nicht zu grämen, denn dank Schwellkörper könne er erigiert bis auf die doppelte Länge anwachsen. Leider stand in einer anderen Zeitschrift, der statistische Euro-Schwanz sei 16 Zentimeter lang. Ich war nie gut in Mathe, aber auf schockierende 32 Zentimeter kam ich denn doch (genau so lang wie ein unterrichtsübliches Lineal), und die Vorstellung, bis zu den Rachenmandeln gepfählt zu werden, hielt mich erst mal vom penetrativen Selbstversuch ab.
So bleibt der Teenager nicht nur mit seinen wirren Gedanken alleine, sondern auch mit seinem Hormonstau. Und dagegen macht er das, wasTeenager wirklich gut können: masturbieren. Jungs tun es. Mädchen auch, nur dass sie diskret drüber schweigen, während Jungs jeden vergossenen Tropfen Sperma frenetisch feiern wie später nur die Fußball-WM. Allerdings gab es da auch den Tag, an dem mein arg verklemmter Freund an der Haustür klingelte und einen riesigen Fleck im Schritt hatte, den man dunkelblau auf hellblauer Jeans weithin sehen konnte. Jahrelang glaubte ich, er hätte entweder auf dem Weg zu mir onaniert und kanisterweise Ejakulat in seine Jeans ergossen, oder sich vor Angst vor meinen Annäherungen in die Hosen gemacht. Ich musste Mitte zwanzig werden, bis mich ein Lover aufklärte, dass Männer Getränkedosen beim Autofahren zwischen die Oberschenkel klemmen, wobei dann öfter was daneben schwappt. An dieser Stelle möchte ich mich offiziell bei meinem besudelten Jugendfreund entschuldigen für die vielen Partys, bei denen ich die Geschichte unter brüllendem Gelächter erzählt habe. Es war auch nicht wirklich nett von mir, dass ich auf denselben Partys erzählt habe, wie ich ihn bei einer Pizza ehrlich interessiert nach seinen Wichsgewohnheiten fragte und er empört "Selbstschändung" ausrief und sich aus dem Staub machte (wahrscheinlich um sich kathartischer Geißelung hinzugeben). Und erst diese Entjungferungsorgie. Himmel, was für ein Drama! Kaum zu glauben, dass nach so vielen vorbereitenden Gesprächen mit sämtlichen Freundinnen am Ende nur zweieinhalb Minuten und die berühmtesten drei Worte der Bettgeschichte übrigblieben: "War’s das jetzt?" Offensichtlich, denn der glückliche Erste lag auf mir wie ein erschossener Grizzly, und er grunzte und roch auch so ähnlich. Als das erst mal geschafft war, eröffnete sich endlich ein breites Feld zum Experimentieren, und wie im Chemieunterricht waren die Pannen eigentlich immer das Lustigste.
Es hat schon was, zu sehen,wie ein Mann in einem Hotelnackt auf dem Boden kniet, um einen Spermafleck auf dem Rauputz trocken zu föhnen, den er verursacht hat, als er sein Kondom zugeknotet hinter sich gegen die Wand warf. Auch ein Ikea-Möbel unter lautem Getöse zu zervögeln, gehört zum Standard (nicht umsonst gab es ein Ikea-Hochbett, das "Gutvik" hieß).
Eher was für Fortgeschrittene war dagegen der Nachmittag, an dem potenzielle Schwiegereltern zum Kaffee kamen und der Kater die am Vortag gekauften Liebeskugeln ins Wohnzimmer tüllte. Dabei waren die noch nicht einmal besonders lustvoll, denn man spürt sie eigentlich nur, wenn man die Knie leicht beugt und den Hintern wespenartig schwingt, worauf einzartes Klöngeln aus Richtung Uterusertönt, sodass vom Gebrauch in der Öffentlichkeit eher abzuraten ist. Aber insgesamt hat sich doch alles ganz gut eingespielt. Man weiß, wofür der magische Punkt zwischen Hintertürchen und Hodensack beim Mann gut ist (um durch sanften Druck die Ejakulation zu verzögern), und wie man ein Kondom mit dem Mund abrollt (ohne Zahnkontakt!).
Vielleicht wird man nicht mehr beim Anblick von Barbarella-Comics geil. Und auch in der U-Bahn während der Rushhour gegen einen fremden Männerrücken gepresst zu werden, lässt mein Höschen nicht mehr feucht werden. Aber wenn es dann dazu kommt, wenn man weder Migräne hat noch Vorstandssitzung, wenn die Pille richtig eingepegelt ist und der Mann überzeugt, dass eine Intimrasur nicht tuntig ist, wenn es also im reifen Alter von gut dreißig zum Sex kommt, dann weiß man auch, was man tut und dass der Partner nicht vor Leidenschaft schreit, sondern aus Verzweiflung, wenn sein Eichelfädchen beim Fellatio im Zungenpiercing klemmt. Und so kann man als erfahrene, eingespielte, liebeshungrige Partnerin die Jahre, bis der Sex durch Ischias und Bluthochdruck wieder problematischer wird, in Frieden genießen.
AUS: SOPHIE ANDRESKY „ECHTE MÄNNER. WAS FRAUEN WIRKLICH WOLLEN“. © 2008, BY ZWEITAUSENDEINS VERSAND DIENSTE GMBH, WWW.ZWEITAUSENDEINS.DE