Sie produzieren nur triste Ähnlichkeiten: von den Ramones landet man bei Blondie, von Albert Ayler bei Sun Ra. Wie überraschend ist das den?
Tocotronics „Coming Home“-Compilation dagegen führt uns hinausaus der viel zu kleinen Filterpennälerblase, dorthin, wo mehr zu entdecken ist, als was eh schon passt. Beispiel: Kein Roboter spuckt Roy Ayers aus, wenn man The Thermals eingibt. Von erhabenem Jazzfunk zu schepperndem Powerpop führen krumme, analoge Pfade. Diese Zusammenstellung ist Teil 9 in der interessanten „Coming Home“-Reihe.
Bisher haben unter anderen Sven Väth, Nouvelle Vague und Jazzanova ihre privaten Lieblingsmusiken präsentiert.Was sich Tocotronic ausgedacht haben, hat es in sich. Das stilistische Panorama reicht von fragilem Singer-Songwriter-Pop bis zu burschikosem Deutschpunk, von psychedelischem Wüstenrock zu Zitatpop mit sophistication. Geschmacklicher Konsens war nicht die Zielvorgabe, vielmehr haben Dirk von Lowtzow, Jan Müller, Arne Zank und Rick McPhail kompromisslos ihre Steckenpferde geritten.
Wer will, kann diese CD also auch als fantastische Homestory hören. Für Kenner der Band unschwer zu erraten ist, dass es der Deutschpunk-Connaisseur Jan Müller war, der zwei Pogo-Schmankerl aus der Prä-Craft-Beer-Ära beisteuerte. Der herrliche Dosenbier-Punk von Der Durstige Mann und Phosphor erinnert uns nicht zuletzt daran, dass es damals in der Fußgängerzone nur die Wahl zwischen Bier Marke Tuborg oder Faxe gab.