Das sind die ersten Ergebnisse von "Generation What?", einer europaweiten Studie zur Lebenswelt junger Menschen, an der sich bisher mehr als 880.000 Menschen aus 34 Ländern Europas beteiligt haben.
Der vergangene Sommer war von Gewalttaten geprägt. Neben dem Anschlag von Nizza am 14. Juli wurde auch Deutschland Schauplatz verschiedener Attentate, wie der Axtattacke in einem Regionalzug bei Würzburg, dem Amoklauf in München und dem Sprengstoffanschlag in Ansbach. Das SINUS-Institut verglich nun mit Hilfe repräsentativer Stichproben das Antwortverhalten der Teilnehmer von „Generation What?“ vor der Gewaltwelle, währenddessen und danach. Nachdem die Gewalttaten mit Ausnahme des Amoklaufs von München einen islamistischen Hintergrund hatten, wird in Politik und Gesellschaft das Thema Zuwanderung wieder intensiv diskutiert. Auch bei jungen Menschen hat die Gewaltwelle Spuren hinterlassen. Der Aussage „Zuwanderung von Menschen aus anderen Ländern bereichert unsere kulturelle Vielfalt“ konnten bis einschließlich Juni 2016 noch 78 Prozent der Teilnehmer zustimmen, ab dem 15. Juli waren es nur noch 73 Prozent.
Innerhalb der Sub-Gruppen zeigen sich dabei größere Veränderungen: Während Multi-Kulti bei den Hochgebildeten gesetzt zu sein scheint (87 Prozent vor und 85 Prozent nach den Terroranschlägen), fallen die Unterschiede bei den formal niedrig Gebildeten deutlicher aus (74 Prozent vorher versus 67 danach). Am größten ist der Effekt bei den jüngsten Befragten (18-19 Jahre), deren Zustimmung von 83 Prozent auf 74 Prozent sinkt.
Auch die Ängste der jungen Menschen wurden durch die Anschläge beeinflusst. Auf die Frage „Wähle die drei Dinge aus, die dir momentan am meisten Angst machen“ wurde Terrorismus nach dem 15. Juli etwas öfter angewählt (bis 30. Juni: 30 Prozent, ab 15. Juli: 34 Prozent). Auch hier ist auffällig, dass jüngere und bildungsfernere Teilnehmer deutlich mehr durch die aktuellen Ereignisse beeinflusst wurden.
Überraschend, auch für die Forscher des SINUS-Instituts, war eine Veränderung im Antwortverhalten auf die Frage „Wähle die drei Punkte, über die Du Dir am meisten Sorgen machst“. Hier kam es zu einem signifikanten Anstieg bei der Auswahlmöglichkeit „Soziale Unruhen“ (bis 30. Juni: 35 Prozent, ab 15. Juli: 41 Prozent). „Besonders bemerkenswert ist, dass dieser Anstieg alters-, geschlechter- und bildungsübergreifend ist“, sagt Maximilian von Schwartz, Studienleiter für „Generation What?“ beim SINUS-Institut.
Positive Effekte hatte die Gewaltwelle auf das Vertrauen der jungen Menschen in die Polizei. So gaben nach den Anschlägen 69 Prozent an, der Polizei zu vertrauen. 19 Prozent vertrauen der Polizei sogar völlig. Das sind immerhin fünf Prozentpunkte mehr als noch Ende Juni. Ein weiterer Befund ist aus psychologischer Sicht interessant. So geben nach den Anschlägen vom Juli 2016 deutlich mehr Menschen an, ohne aktuelle Nachrichten und Informationen glücklich sein zu können. Die deutliche Steigerung um 9 Prozentpunkte insgesamt zeigt sich in allen Alters- und Bildungsgruppen beinahe gleichermaßen. Es kann spekuliert werden, dass solche Nachrichten die Menschen derart belasten, dass sie zum Schluss kommen, ohne diese Meldungen glücklicher zu sein (Verdrängungsstrategie).