Herr Benz, wir kennen uns eigentlich aus auf dem Gebiet. Aber was ist denn nun Unisex?
Wenn ihr an Studentinnen denkt, seid ihr bei mir falsch. Ich bin Finanzberater und kenne mich mit Versicherungen aus. In meiner Branche steht der Begriff „Unisex“ für einen Beschluss des Europäischen Gerichtshofes. Die Versicherungsgesellschaften sind ab dem 21. Dezember dazu verpflichtet, gleichgeschlechtliche Tarife einzuführen, die sogenannten Unisex-Tarife. Sie dienen der Gleichbehandlung von Mann und Frau.
Und was halten sie von der Gleichberechtigung?
Gleichberechtigung ist für Männer meiner Generation selbstverständlich. Es gibt aber Dinge, wofür Frauen besser geeignet sind als Männer. Umgekehrt gilt das genauso. Beim Thema Unisex entstehen für die Gleichberechtigung jedoch Kosten, die auf die Versicherungsnehmerverteilt werden müssen.
Und wer bezahlt diese Zeche? Etwa wieder wir Männer?
Sowohl Frauen als auch Männer können von der Umstellung profitieren. Die höhere Lebenserwartung von Frauen ist für die Versicherer bisher ein erheblicher Kostenfaktor. Deshalb sind die Beiträge weiblicher Versicherterheute bei vielen Policen (z. B. in der privaten Krankenversicherung) höher als bei Männern. Die Unisex-Kalkulation verteilt diese Kosten gleichmäßig auf beide Geschlechter.
Also wie immer, der Mann zahlt.
Für Männer werden tatsächlich viele Tarife teurer, wie beispielsweiseprivate Krankenversicherungen, Berufsunfähigkeits- oder Rentenversicherungen. Umgekehrt wird es für Frauen teurer, künftig eine Risikolebensversicherung abzuschließen.
Welche Versicherungen sind von der Umstellung besonders betroffen?
Drastische Preissteigerungen kann Mann bei der Pflegeversicherung erwarten - hier rechnen Experten mit einer Verteuerung von 30 bis 50 Prozent. Die Kosten für private Krankenversicherungen steigen um durchschnittlich 20 bis 30 Prozent, Lebensversicherungen werden durchschnittlich um fünf bis 15 Prozent teurer. Wer sich grundsätzlich mit den Themen Absicherung im Alter oder im Pflegefall beschäftigt, der sollte noch in diesem Jahr handeln.
Dann empfiehlt es sich, noch vor dem Stichtag eine Versicherung abzuschließen?
Zuerst sollte man festhalten, dass nur derjenige eine Versicherungbeantragen sollte, der auch tatsächlich eine benötigt. Das heißt, die kundengerechte Bedarfsanalyse ist das A und O. Wenn danach feststeht, dass eine zusätzliche Vorsorge sinnvoll ist, dann sollte man tatsächlich noch vor dem 21. Dezember starten.
Viele haben bereits vorgesorgt.
Bestehende Verträge bleiben von der Änderung unberücksichtigt. Manchmal kann ein Neuabschluss sinnvoll sein. Häufig sind bestehende Altverträge aufgrund eines vorteilhafteren Einstiegsalters günstiger. Eine Überprüfung schadet aber nicht.
Haben die neuen Tarife auch einen Vorteil?
Für große Teile der Bevölkerung wird es teurer. Da man für Versicherungen so wenig wie nötig zahlen sollte, sehe ich dort den größten Nachteil. Vielleicht wird der Markt durch die Umstellungaber zukünftig etwas transparenter.
Gibt es so etwas wie das Rundum-sorglos-Paket?
Das kann man so pauschal nicht beantworten. Einem guten Freund würde ich den Abschluss einer Privathaftpflichtversicherung sowie einer Berufsunfähigkeitsabsicherung empfehlen. Und mit der Altersvorsorge kann man nicht früh genug beginnen. Hätte mein Freund Familie, würde ich ihm zusätzlich zur Absicherung der Familie raten. Eine Risikolebensversicherung ist mit Familie ein Muss.