Text und Fotos: Helmut Werb
Die Texas-Etikette ist angesagt, die Prioritäten sind klar definiert: „Bier im Cooler. Kohlen im Grill heiß. Rennen kann beginnen.“ Die SMS von Donny Ozenne an die Teamkollegen von „Darth Bimmer“. Michael Tucker, inoffizieller Team-Chef und nebenbei Grafikdesigner in Houston, Texas, lächelt süffisant. Wir sind auf dem Weg zur Sugarland-Rennstrecke vor den Toren Houstons, um die „24 Hours of LeMons“ zu fahren, eine etwas ungewöhnliche amerikanische Rennserie (und ein Wortspiel in Anlehnung an „lemons“, wie miserable Gebrauchtwagen in den USA gern genannt werden), die sich schon in vorrezessionären Zeiten zunehmender Beliebtheit erfreute: Kein Fahrzeug darf mehr als 500 Dollar kosten, Modifikationen sind nur sehr beschränkt geduldet, können aber durch Bestechung der Richter (davon später mehr) trotzdem homologiert werden. Ansonsten hagelt es drastische Strafen, die vom Teeren und Federn bis hin zur totalen Zerstörung des Automobils reichen und meist willkürlich auferlegt werden. So werden etwa mutmaßliche Vorteile am Fahrzeug mittels eines mächtigen Vorschlaghammers ausgeglichen.
Vorgeschrieben - und vom 500-Dollar-Limit ausgenommen - sind nur der Sicherheitskäfig im Auto und ein annähernd als Schalensitz durchgehendes Mobiliar. Gefahren wird über zwei Tage, jeweils sechs bis acht Stunden lang, und Sieger ist jene Rostlaube, die noch Räder auf der Achse hat und noch fährt. „Die Idee kam uns vor drei Jahren in einem Chinarestaurant in Berkeleyâ€, erinnert sich Jay Lamm, einst Verleger, heute Haupt-Täter (so steht’s auf seiner Visitenkarte) und kahl geschorener Kopf der „24hrs of LeMons“. „Wir alle wollten gerne Rennen fahren, aber keiner von uns hatte auch nur einen Pfennig dafür übrig.“ In Anbetracht dieser Finanznot organisierten Jay & Co. ein Rennen in Altamont, jenem historischen Rund, in dem vor vielen, vielen Jahren die Hells Angels den Rolling-Stones-Fans gehörig den Spaß verdarben. Den haben dafür immer mehr Freunde des Schrott-Racings. Waren es vor zwei Jahren noch sieben Rennen, werden es heuer weit über zwanzig sein.
Wer öfter mitfahren will - und das wollen die meisten - kommt mit 500 Dollar da nie hin. Wie Michael Tucker, der unser „Darth-Bimmer“- Rennteam über eine Kleinanzeige im Online-Dienst „Craigslist“ zusammenbrachte. Zweitausend pro Rennen würde der Spaß schon kosten, rechne er die Leihgebühren für den Hänger und den Sprit dazu. Die Kosten werden vom Team geteilt, geschraubt wird von jedem, der einen Hammer halten kann. Geschlafen wird in Donnie Ozennes Camper. Der Besitzer einer Firma für medizinische Geräte sorgte auch fürs Bier und die Steaks. Wir sind schließlich in Texas.