Text: Timo Völker Foto: Jürgen Skarwan
Irgendwo in Spanien: Die Versuchsstrecke ist geheim, der Weg dorthin verschlungen, keine Hinweise, und die Wachleute an den Toren sind robust bewaffnet. Das alles beeindruckt die Hasenkolonie, die sich auf dem Gelände ausgebreitet hat, nur mäßig, und so kam es, dass Bugatti-Testfahrer Loris Bicocchi bei gut über 300 km/h tat, was Profis bei Wildwechsel zu tun pflegen: nichts. Ausweichmanöver empfehlen sich bei dem Tempo nicht, das Bremsen kann man sowieso bleiben lassen.
Ähnlich jäh verschied Hase Nr. 2 wenig später, nicht aber, ohne ein Testament zu hinterlassen: Die Kühler des Bugatti waren so gründlich mit Ragout durchsetzt, dass die Ingenieure das Auto für die Dauer des Events aus dem Verkehr ziehen mussten. Bugatti gegen Hasen: 2:1.
Wir konnten nur hoffen, dass es alle Seiten bei diesem schönen Ergebnis belassen würden, als wir zum Selbstversuch antraten. Es galt zu überprüfen, wie der Bugatti von Tempo 200 in der Steilkurve auf 330 auf der Geraden beschleunigt, und wie sich das ohne Dach so anfühlt. Würde einem auf dem Oval nicht allzu bald die nächste Steilkurve entgegeneilen, könnte man noch auf 375 km/h erhöhen, dann müsste das Dach drauf, um einen Vorstoß auf 410 unternehmen zu können. Das ist zwar möglich, aber doch eher theoretisch, da es nicht viele ausreichend lange Geraden gibt, wo das geht. Eine gehört zur Teststrecke von Volkswagen nahe Wolfsburg, auf der ein anderer Bugatti- Werkspilot im Vorjahr den Geschwindigkeitsrekord von 431 km/h eingefahren hat, mit einem 1200 PS starken Veyron Super Sport. Das ist eine Schippe über der offiziell angegebenen Höchstgeschwindigkeit, und niemand wusste, ob die Reifen auch halten würden. Pilot Henri- Pierre hatte keine Lust, die Fahrt zu wiederholen.
330 sind aber nicht nur unbedenklich im Veyron Gran Sport Vitesse, sondern nahezu unaufregend: Das Auto ist dafür gebaut, und weil die Ingenieure an der Aerodynamik gefeilt haben, zieht es einem auch nicht das Heu vom Kopf. Nimmt man das Glasdach ab, ändert automatisch der Heckflügel seinen Anstellwinkel, um der veränderten Luftströmung Rechnung zu tragen; ein kleiner Spoiler mit „Störnase“, den man an der Oberkante der Windschutzscheibe nach dem Dachabnehmen händisch anbringt, teilt die herantosende Luft in zwei Bahnen, was der Akustik zugutekommt. Auch das Windschott, das die Turbulenzen im Cockpit glättet, gab es beim ersten offenen Veyron noch nicht. Die Techniker stöbern nach und nach all die kleinen Schräubchen und Rädchen auf, an denen man noch einen Tick drehen kann. Infolgedessen ist der Vitesse nun der beste Veyron, sagenhaft austariert im Fahrwerk, ebenso agil wie komfortabel und monströs schnell sowieso.